Globale Wasserkrise trifft Deutschland
27. August 2014
WWF-Studie warnt vor „importiertem Wasserrisiko“ in Zeiten der Globalisierung.
Gemüse
aus Spanien, Baumwolle und Kleidung aus Indien, Metalle aus Südafrika,
Rosen aus Kenia, Phosphor aus China: Deutschland hat bei vielen Waren
ein besorgniserregendes, „importiertes Wasserrisiko“. Zu diesem Ergebnis
kommt eine Studie der Naturschutzorganisation WWF. „Von
Reputationsschäden bis hin zu Standortschließungen, versteckte
Wasserrisiken können im Extremfall Milliardenausfälle für deutsche
Unternehmen nach sich ziehen“, erklärt Philipp Wagnitz, WWF-Referent und
einer der Autoren. Der WWF-Studie zufolge ist Wasser hierzulande zwar
ausreichend vorhanden, doch da Deutschland als weltweit drittgrößte
Importnation auf ausländische Waren angewiesen ist, müssten Unternehmen
und Politik lokal angepasste Strategien für die globale Wasserkrise
entwickeln.
So bezog die deutsche Wirtschaft aus dem
wasserintensiven, südafrikanischen Bergbausektor 2012 rund 5,5 Mio.
Tonnen im Wert von knapp 2 Milliarden Euro, darunter Steinkohle,
Metalle und Erze. Durch den Import von Baumwolle und Textilien
hinterlässt Deutschland in Pakistan jährlich einen Wasser-Fußabdruck in
Höhe von 5,46 Kubikkilometer. Das entspricht beinahe dem doppelten
Volumen des Starnberger Sees. Und „Europas Gemüsegarten“ in Spanien
droht sich durch teils illegale Bewässerung selbst auszutrocknen, wobei
die Bundesrepublik von dort 2013 allein 180.000 Tonnen Tomaten im Wert
von rund 250 Mio. Euro bezog.
„Wasser wird lokal immer knapper und dieses Problem
betrifft nicht mehr nur Entwicklungsländer und Wüstenregionen. Für die
Wasserkrise verantwortlich und zugleich von ihr betroffen sind wichtige
deutsche Wirtschaftssektoren, vom Lebensmittelhandel, über die
Automobilindustrie bis zur Modebranche“, so WWF-Experte Wagnitz. Eine
wachsende Bevölkerung, steigender Konsum und der Klimawandel werden, so
die Prognose, die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser weiter
verschlechtern - und damit auch Auswirkungen auf von Deutschland
benötigten Waren und Ressourcen haben.
„Viele Unternehmen wissen noch nicht einmal, dass
sie versteckten Wasserrisiken ausgesetzt sind. Erst wenn es zu Engpässen
oder Problemen kommt, werden sie sich dessen bewusst“, kritisiert
Wagnitz. Eine wesentliche Ursache sei neben der Verschmutzung nicht nur
die Verfügbarkeit und Nutzung von Wasser, sondern auch die unzureichende
Verwaltung und Verteilung der Ressourcen. Dementsprechend seien
besonders Regierungen und Unternehmen in der Pflicht,
Wassermanagementstrategien etwa für betroffene Flussgebiete zu
entwickeln und die Ressource gerecht aufzuteilen. Nur so könnten
Konflikte um Wasser in Zukunft gemindert werden.
„Wasser ist nicht nur eine ökologische oder soziale
Frage, sondern auch eine ökonomische. Simple Lösungen gibt es daher in
diesem komplexen Gefüge leider meistens nicht“, so Wagnitz. Vielmehr
müsse jede Region, jeder Fall gesondert analysiert werden. Danach gelte
es, gemeinsam Lösungen zu entwickeln. Nur so könnten auch die
betroffenen Unternehmen ihre ökonomischen und nicht zuletzt reputativen
Risiken minimieren.
Hintergrund WWF-Studie „Das importierte Risiko“
Basierend auf einer Kombination ihrer Abhängigkeit
von Wasser und ihrem Wasserrisiko wurden vier Wirtschaftssektoren mit
direktem Wasserrisiko (Landwirtschaft, Chemie-, Textil- u.
Bekleidungsindustrie sowie Rohstoffindustrie) und zwei Sektoren mit
indirekten Wasserrisiken (Finanzdienstleistungen und Einzelhandel)
ausgewählt und analysiert.
Darüber hinaus wurden Länder mit hohem Wasserrisiko
identifiziert, die für den Warenimport mindestens eines
Wirtschaftssektors von großer Bedeutung sind:
» China, Bangladesch und Indien – Textil- und Bekleidungsindustrie
» Russland, Libyen, Südafrika – Rohstoffe und Metalle
» Äthiopien, Indonesien, Argentinien – Landwirtschaft
» China, Indien, Marokko – Chemikalien
Zur Reduktion von Wasserrisiken hat der WWF das
Water Stewardship-Konzept entwickelt. Mit einem schrittweisen Ansatz ist
es Unternehmen dabei möglich, ein Wasserbewusstsein zu entwickeln,
Wasserrisiken zu analysieren und darauf mit internen und externen
Maßnahmen zu reagieren. Im Fokus stehen gemeinsame Strategien und
Lösungen mit anderen Wassernutzern, Behörden und der Zivilgesellschaft
in den betroffenen Gebieten.
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